Die Stadt Grimma beabsichtigt in den Jahren 2016 und 2017 den Neubau der Oberschule (bisher Mittelschule) Böhlen. Das ist im Grunde löblich, gäbe es da nicht 2 Probleme:
Problem Nr. 1: Die Schule wird etwa 8 Mio. € kosten.
Problem Nr. 2: Die Schule wird nicht gebraucht. Widmen wir uns zuerst Problem Nr. 2. Die Oberschule Böhlen ist umgeben von den Oberschulen Grimma, Trebsen, Wermsdorf, Leisnig und Colditz. Geht man nach dem Prinzip der Wohnortnähe ist die jeweilige Oberschule ohne weiteres in der Lage die bisherigen Schüler der Oberschule Böhlen mit aufzunehmen. Die Oberschule Böhlen ist die Schule der langen Wege, teilweise fernab von jedem Busverkehr. In einer Zeit in der länderspezifische Schulgesetzgebung als kleinkariert bezeichnet wird, ist Schulnetzplanung in Stadtgrenzen noch kleinkarierter. Wir brauchen endlich eine Schulnetzplanung, die allen Schülern optimale Lernbedingungen ermöglicht. Erste Voraussetzung ist, dass jeder über den Tellerrand schaut und man gemeinsam handelt. Zurzeit geschieht das Gegenteil. Die Auseinandersetzungsvereinbarung zur alten Gemeinde Großbothen sollte, von Grimma und Colditz unterschrieben, die Möglichkeit eines Schulzweckverbandes zwischen Grimma und Colditz ermöglichen. Den Großbothenern ging es hauptsächlich darum ihre Grundschule zu retten. Denn der Neubau der Oberschule Böhlen gefährdet den Bestand der Grundschule Großbothen. Mit einem Schulzweckverband hat man auch die Möglichkeit, die Oberschullandschaft zu ordnen. Nochmals zurück zu den Schulwegen: -Von den 296 Schülern der Oberschule Böhlen können 16 Schüler die Schule zu Fuß erreichen. -Weitere 60 Schüler kommen aus dem Nahbereich der ehemaligen Gemeinde Thümmlitzwalde. -Der „Rest“ von 220 Schülern nimmt längere, teilweise haarsträubende Tagesreisen auf sich. Würde das der Freistaat Sachsen von den Schülern verlangen, gäbe es Proteste ohne Ende. Die Stadt Grimma stände an der Spitze der Protestierer, um es diesen „seelenlosen Bürokraten“ in Dresden, die die Schüler auf unzumutbare Tagesreisen schicken, zu zeigen. Der gute Ruf der Oberschule Böhlen ist kaum an das alte Gemäuer gebunden, sondern wird durch das Lehrekollegium getragen. Da bleiben 2 Fragen: -Wenn die jetzigen Lehrer, die den guten Ruf tragen, in den teilweise sehr nahen Ruhestand gehen, wird dann die neugebaute Oberschule Böhlen eine Oberschule wie jede andere und wird dann der oben genannte „Rest“ von 220 Schülern noch jene haarsträubenden Tagesreisen unternehmen? -ist es nicht sinnvoller die Lehrer der Oberschule Böhlen auf die umliegenden Oberschulen zu übertragen, so dass die Eltern das gute Gefühl haben, die nächstliegende Oberschule ist die Beste. Zurück zum Problem Nr. 1, der Investition von 8 Mio. €. Natürlich kann man die 8 Mio. € schön rechnen und die Hoffnung nähren, dass Fördermittel kommen. 8 Mio. € sind 8 Mio. €, egal aus welchem Haushalt sie kommen. Es sind Steuergelder und jeder erwartet, dass diese sinnvoll eingesetzt werden, gleich ob sie von der Stadt oder vom Land kommen. Die Investition in den Neubau einer Oberschule, die nur wenige brauchen, ist nicht sinnvoll. Sicher ist, gäbe es noch die Gemeinde Thümmlitzwalde, würde die Oberschule Böhlen nicht neu gebaut. Thümmlitzwalde hätte das Geld nicht ansatzweise zusammen bekommen. 8 Mio. € hätten die Thümmlitzwalder Finanzkraft gewaltig überfordert, den es wären auch noch andere Investitionen zu sichern, z. B. eine Kita in Dürrweitzschen. Ich denke, die Thümmlitzwalder werden nicht widersprechen. Grimma war großzügig, als es um die Eingemeindungsverträge ging. Inzwischen sind wir beim „wir“. Wir sollten ehrlich zu uns selbst sein und gemeinsam auf den Prüfstand stellen, was sinnvoll und was nachrangig ist. 8 Mio. € für Bürgerhäuser, für Straßen und deren Beleuchtung, für Spielplätze, Kitas, Grundschulen, Feuerwehren und was der Stadtrat auch immer für erforderlich hält, um unsere Wohnorte zukunftssicher zu machen, sind sinnvoll und wichtig. Ein Teil davon geht auch in die Thümmlitzwalder Orte und bringt ein Mehrfaches an Infrastruktur und Wohnqualität. Auch die Thümmlitzwalder hätten hiervon den größeren Nutzen. Damit halten wir die Jugend mehr als mit einer Schule der langen Wege. Die 8 Mio. € lassen sich mit Fördermitteln vermehren und man könnte sich den Luxus leisten eine Straße wie die Goethestraße in Grimma, die bereits, so berichten es die Grimmaer, mehrfach aus der Investitionsplanung gestrichen wurde, ohne Fördermittel bauen. Die Dinge ändern sich, ab und zu muss man Entscheidungen neu bewerten.
Dietmar Senf
Kreisrat und Bewerber für den Stadtrat