GRIMMA – es geht weiter.

Projektentwickler zum Aldi: „Ich sehe Licht am Ende des Tunnels“
Investor überweist Geld für künftiges Rewe-Gelände

 

Bei der #CDU – Veranstaltung zur Innenstadtbelebung debattierten Gewerbevereinschefin Anke Rüssel, Aldi-Planer Friedmar Thiele, IHK-Geschäftsführerin Rita Fleischer und Grimmas Marktmeister Frank Schütz (v.l.) mit den Besuchern.

#Grimma. Viele saßen wie auf Kohlen. Nun endlich hat Investor Klaus Landau die 1,6 Millionen Euro an die Stadt Grimma überwiesen und ist damit Eigentümer des Geländes, auf dem noch das Jahnstadion steht. Der Mann aus Kleinmachnow hatte bis 4. Dezember Zeit für den Transfer, am Mittwoch soll das Geld nun auf dem städtischen Konto eingegangen sein. Damit steht dem Baustart für den neuen Rewe-Supermarkt und dem dm-Drogeriemarkt am nördlichen Innenstadtrand nichts mehr im Weg.

Gremium soll nach Lösungen suchen

Diese brandneue Nachricht brachte Grimmas Marktmeister Frank Schütz mit, der Mittwochabend zur öffentlichen Infoveranstaltung des CDU-Stadtverbandes neben Aldi-Projektentwickler Friedmar Thiele, IHK-Geschäftsführerin Rita Fleischer und Grimmas Gewerbevereinschefin Anke Rüssel Platz an der Tischfront nahm. Das Thema: Wie geht es mit der Belebung der Grimmaer Innenstadt weiter? Diese viele bewegende Frage zog fast 40 Interessenten ins Mehrgenerationenhaus PH9. Sie stimmten eine lebhafte Debatte an und kamen auf Vorschlag von Gerhard Gey und weiteren Teilnehmern sogar zu einem Ergebnis. Für die so wichtige Innenstadt-Entwicklung soll ein Diskussionsprozess in Gang gesetzt werden, in einem „übergreifenden Gremium“, wie es der Ex-Landrat formulierte. Verwaltung, Stadträte, Gewerbeverein, Betroffene und Kunden sollen an einen Tisch geholt werden, um Lösungen gegen das Ladensterben zu finden. Wie berichtet, stehen allein in der Langen Straße ein Viertel der Läden leer. Die Organisation der Gesprächsrunden will CDU-Stadtchef Lutz Simmler in die Hand nehmen.

Aldi: Das Ringen um Details

Manche äußern offen Skepsis, doch viele Hoffnungen ruhen auf der sogenannten Knochenstruktur – der neue Rewe auf der einen, ein modernisierter Aldi auf der anderen Seite der Altstadt. Dann würden auch mehr Kunden in den Innenstadtläden landen, so das Kalkül. Der jetzige Mietvertrag mit Aldi auf dem Alma-Dietzsch-Gelände läuft 2018 aus, doch die Nr. 1 der deutschen Discounter möchte sich am Standort neu aufstellen. Seit 2014 arbeite er an dem Projekt, sagte Thiele. Durch die Örtlichkeit, den Zuschnitt des Grundstücks und die Beschaffenheit der Zufahrten sei es ein schwieriges Thema. „Wir denken aber, jetzt einen vernünftigen Weg gefunden zu haben“, so der Tauchaer. Details wollte er nicht verraten, erst seien die vertraglichen Konstellationen unter Dach und Fach zu bringen. Doch nach drei Jahren sehe er Licht am Ende des Tunnels. Man kämpfe um Details, bemerkte Thiele, etwa die Weberstraße für Begegnungsverkehr zu öffnen und die Lange Straße einzubinden. Zwar entstehe mehr Verkaufsfläche im neuen Aldi-Markt, aber kein wesentlich größeres Sortiment, sagte er auf Nachfrage. Das Konzept stelle auf mehr Bio- und Frischeprodukte, breitere Gänge und eine höhere Attraktivität ab.

Die Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig warnte indes vor der wachsenden Verkaufsfläche in Grimma. Schon jetzt (Stand 2015) gebe es pro Kopf 2,23 Quadratmeter in der Stadt, während der bundesdeutsche Schnitt bei 1,5 Quadratmeter liege. Demgegenüber betrage die Kaufkraft des Grimmaers nur 90 Prozent eines durchschnittlichen Deutschen. „Das sagt schon etwas aus über die Möglichkeit des Umsatzes für die hier verorteten Einzelhändler“, so Fleischer. Aus IHK-Sicht sei der Rewe-Standort suboptimal, weil er die Kaufkraft aus der alten Innenstadt herausziehe. Um das Überleben der kleinen Geschäfte zu sichern, sei ein Bündel von Maßnahmen nötig, so Fleischer. Sie riet auch zu mehr Gastronomie und neuen Modellen, etwa wechselnde Anbieter in einem Laden. Für Einzelhändler Andreas Böhmann ist indes schon jetzt klar, dass in Grimma durch den Rewe ein oder zwei andere Discounter über kurz oder lang auf der Strecke bleiben. Man könne die Butter ja nur einmal kaufen.

An Ausstrahlung lässt sich arbeiten

Grimmas Gewerbevereinschefin Anke Rüssel beschwor die Ausstrahlung der Innenstadt. Zwischen Paul-Gerhardt-Straße und Lange Straße könnte der Unterschied kaum größer sein, sagte sie. „Wir müssen einladende Straßen schaffen.“ Und sie haderte mit jenen Innenstadthändlern, die bei den vom Verein organisierten Events wie das Stadtfest ihre Türen einfach zu lassen. Mit Rewe könnte die City belebt werden, wenn der Kunde eine attraktive, schöne, kleinteilige Innenstadt mit individuellen Geschäften und Gastronomie vorfinde, so Rüssel. Eine Händlerin der Langen Straße meinte indes resigniert, dass sie bei der Dekoration alles probiert habe und Blümchen in der Straße keine Kunden zögen. Der Rewe bringe ihr nichts, „für mich wird er wahrscheinlich der Nagel zum Sarg“.

Für den Rewe-Effekt sprach Marktmeister Schütz: „Lebensmittelhandel bringt Frequenz in die Stadt“, ist er überzeugt. Als Altstadtförderer der Verwaltung setzt er neben solchen Magneten wie Frische- und Weihnachtsmarkt auch auf neue Ideen. Wie berichtet, will er mit Hilfe von Fördergeld Läden auf Zeit schaffen.– Potenzielle Händler könnten so ihr Geschäftsmodell zunächst testen. Ein anderer Weg sei, Handelsfläche in Gastronomie umzuwandeln.

In einem waren sich indes alle einig. Der Online-Handel ist nicht aufzuhalten. Er wird den Geschäften vor Ort das Leben weiter schwer machen.